Graue Scheidung – warum immer mehr Senioren getrennte Wege gehen

Offenbar ist es nie zu spät, sich zu trennen, immer mehr ältere lassen sich jenseits der silbernen Hochzeit scheiden. Seit den 1990er Jahren haben sich die Zahlen verdoppelt. , die die 80 schon hinter sich gelassen haben, sind nicht mehr bereit, in einer unglücklichen Ehe zu leben, und gehen das letzte Stück ihres Lebens lieber alleine. Aber auch neue sind bei Senioren keine Seltenheit mehr.

Ganz unterschiedliche Auslöser

Seit einigen Jahren hält der Trend zur grauen unvermindert an. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen, dass 2017 mehr als 153.500 Ehen vor dem Scheidungsrichter ein Ende fanden. Das ist der niedrigste Stand seit 25 Jahren. Bei rund 17,5 Prozent der Scheidungen hatte das Ehepaar aber schon 25 oder mehr Jahre hinter sich. Die Auslöser für die späten Trennungen sind ganz unterschiedlich. Sind die aus dem , dann verbringen die Eheleute zwangsläufig mehr Zeit miteinander und reflektieren daher auch stärker. Viele stellen dann fest, dass sie sich nicht mehr allzu viel zu sagen haben. Ein weiterer Scheidungsgrund ist, wenn der Partner in Rente geht. Das führt zwar zu neuen Freiräumen, jedoch auch zu völlig neuen Belastungen für die Partnerschaft. Auch die höhere Lebenserwartung spielt eine wichtige Rolle. Wer sich heute mit 60 Jahren scheiden lässt, der hat mit ein bisschen Glück noch mehr als 20 Jahre als Single vor sich.

Kein Tabu mehr

Noch vor wenigen Jahren galt eine Scheidung im als ein absolutes Tabu. Es galt das Motto: Den Schwur vor dem Altar sollte erst der Tod brechen. Heute denken auch die Senioren anders, sie sind egoistischer geworden und wollen nicht auf den Tod des Partners oder der Partnerin warten. Sie stellen die Partnerschaft immer öfter infrage und entdecken das Singleleben für sich. Das gilt vor allem bei Paaren, die früh geheiratet haben. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, fühlen sich viele noch fit und sind bereit, endlich ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Vielfach sind es auch neue Bekanntschaften oder Scheidungen in ähnlichen Lebenssituationen im Freundeskreis, die den Anlass zur Scheidung liefern. Viele Frauen sind heute nicht mehr wirtschaftlich von ihrem Mann abhängig, was ebenfalls ein Argument für eine graue Scheidung ist.

Gut überlegen

Wer sich im Alter vom Ehemann oder von der Ehefrau trennen will, sollte sich diese Trennung sehr genau überlegen. Die gemeinsame Immobilie steht dann zum Verkauf, die Versicherungen müssen dem Singleleben angepasst werden und den Schadensfreiheitsrabatt der Kfz-Versicherung gibt es auch nicht mehr. Frauen, die nie gearbeitet haben, droht die Armut, wenn sich der Versorgungsausgleich halbiert, schnell droht in solchen Fällen sogar Hartz IV. Juristen raten deshalb nur zu einer inoffiziellen Trennung, die Ehe sollte der Form halber bestehen bleiben.

Scheidungen schaffen immer neue Lebenssituationen und können auch im Alter eine Bereicherung sein. Vor allem, wenn die Ehe nicht mehr glücklich ist und sich keine Verbesserungen abzeichnen, dann ist es besser, die Ehe zu beenden. Leicht ist das nicht immer, oftmals billigen die erwachsenen Kinder die Scheidung der Eltern nicht und schlagen sich auf die Seite des Elternteils, der verlassen wurde.

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